So, es war also wieder einmal so weit, der VBL lud zur Metzgete und ich hatte tatsächlich noch nichts geplant. Also machten sich Yana und ich auf nach Neuheim. Eine Gourmet-Metzgete soll es sein und mit den Erinnerungen an das Restaurant Wyberg in Teufen, machte sich grosse Vorfreude in mir breit.
Rund 50 Brüder und Schwester im Schwein versammelten sich im mit 14 Gault Millau ausgezeichneten Restaurant und warteten gespannt auf die servierten Köstlichkeiten.
Das Burgerli-li
Nach einer kurzen Ansprache des Tafelmajors legten wir los mit einer getrüffelten Kartoffelsuppe und einem Schweinsburgerli. Dem Burgerli hätte ich nochmals ein -li hinten angehängt, soooo klein war es. Aber deliziös! Ein gleichzeitig kross gebackenes aber innen saftiges Blätterteig-Bun mit einem würzigen Burgerli-li und einer leicht rassigen Peperoni-Sauce. Hervorragend. Leider aber, hätte es problemlos mit einem Happs in meinen zierlichen Mund gepasst. Also wendete ich mich der Kartoffelsuppe zu. Der leichte, nicht dominante Trüffelgeschmack schmeckte mir sehr. Allgemein fand ich die Suppe sehr lecker und nicht so kartoffelig.
Der Appetitanreger war hervorragend, aber leider sehr klein. Entsprechend war auch meine Bewertung auf dem offiziellen Bewertungsformular des VBL. Aber dies war ja nur der erste Gang, fünf sollten noch folgen.
Leberli, so saftig und zart
Als zweiter Gang standen Schweinsleberli mit Safranrisotto auf dem Menü. Schon als die ersten Teller serviert wurden, versuchte ich einen Blick zu erhaschen. Scheiterte aber an den Tellerwänden. Janu, musste ich halt auf meine Portion warten. Nach kurzer Wartezeit stand sie vor mir und ich schluckte einmal. Wieder eine sehr kleine Portion. Je mehr Gourmet, desto weniger Portion – es schien sich zu bewahrheiten.
Nichtsdestotrotz schnappte ich mir meine Gabel und schnitt ein kleines Stück Leberli ab. Ich wollte diesmal länger etwas vom Geschmack haben, als beim Burger. Und ja, es war die Geduld wert. Für mich erfüllte das Leberli alle meine persönlichen Kriterien der Munderotik. Absolut zart, leicht würzig im Geschmack und mit einem Gefühl, auf der Zunge zergehen zu können. Ich zügelte mich und genoss die Portion Stück für Stück. Nach wenigen Minuten war jedoch nichts mehr da, von den Leberli und ich machte mich an das Safranrisotto. Was gibt es da zu sagen? Solides Risotto, gut im Geschmack aber nichts Spezielles.
Der Speck und die Backe
Nach etwas Wartezeit folgte der dritte Gang: Speck, Schweinsbacken-Ravioli und Lauchquiche. Wie wohl die Bäggli-Ravioli schmecken würden? Ich war gespannt.
Einmal mehr sehr hübsch angerichtet hatte ich die Speise auf dem Tisch – einmal mehr bestand die Portion aus Häppchen. Da mich die Speisen bisher geschmacklich überzeugten, stürzte ich mich auf die Ravioli. Und erlitt eine Enttäuschung. Vom Inhalt her hätte es alles gewesen sein können und definitiv mehr Würze vertragen. Zudem war mein Ravioli (jep, Einzahl) sehr wässerig. Ich war mir nicht sicher, ob die dazu servierte Sauce die Fadheit des Ravioli kompensieren sollte, leider war diese für mich jedoch zu Dominant.
Janu, es gab ja noch den Speck. Etwas enttäuscht schnitt ich den ersten Bissen ab und wusste wieder, wieso die Hinterburgmühle über 14 Gault Millau Punkte verfügt. Fantastisch würzig, perfekt saftig und mit meinen geliebten Knorpel. Davon hätte ich sofort noch mehr genommen! Aber da war ja nur noch die Lauchquiche. Diese war einmal mehr solide, jedoch nichts, für das ich einen weiten Weg auf mich genommen hätte.
Die Blut- und (Leber)-Wurst
Drei von sechs Gängen waren vorbei und ich hungrig. Vielleicht würden die Blut- und Leberwürste ja Abhilfe verschaffen? Ich hoffte es. Insgeheim fragte ich mich, ob ich wohl die erste Blutwurst in Chipolata-Grösse sehen würde. Doch meine Befürchtung war unnötig.
Sehr wohl zwei kleine Würste, jedoch durchaus in Normalgrösse von kleinen Würsten wurden mit Rahmsauerkraut und Karttoffelpüree serviert. Yvo mir gegenüber hatte sein eigenes Messer ausgepackt, um den Schnitt der Wurst besser beurteilen zu können – ich lächelte und schnappte mir mein normales Messer des Bestecksets. Und das Lächeln verging mir.
Elegant die perfekte Blutwurst-Schneidetechnik anwenden wollend, scheiterte ich an der Haut. Der Cheib gab einfach nicht nach! Als es dann zum Schnitt kam, war die Masse leicht bröckelig, was aber auch an meinem Gemurkse liegen könnte. Egal, schmecken muss es. An ein Ablösen der Haut war nicht zu denken, also biss ich auf die Zähne und schabte die Masse heraus. Der erste Biss war enttäuschend. Die Wurst schweinelte leicht und war ansonsten langweilig im Geschmack. Auch wenn der anfängliche schweinelige Geschmack in der übrigen Wurst nicht mehr zu schmecken war, überzeugte mich die Blutwurst nicht.
Rundum hörte ich bereits Diskussionen zur Leberwurst und war gespannt. Nach drei Bissen jedoch enttäuscht. Neben der Tatsache, dass kein Lebergeschmack erkennbar war, war meine Wurst schlichtweg versalzen. Ich musste sie mit etwas Wasser hinunterspülen und liess die Hälfte stehen. Schade.
Auch das Rahmsauerkraut und das Kartoffelpüree waren nichts Spezielles und konnten die Enttäuschung nicht mehr wettmachen.
Das Rippli
Immerhin, direkt hungrig war ich nicht mehr und schaute dementsprechend gespannt auf Gang Nummer fünf – das Rippli. Serviert mit Pommerysenf, Dörrbohnen und Salzkartoffeln war ich gespannt, wie diese doch traditionellen Beilagen im Gault Millau Style daherkommen würden.
Diesmal überraschte mich die Grösse der Portion, nahezu in einer Grösse, die ich in einem „normalen“ Restaurant erwarten würde. Müsste ich meine Aussage über Gourmet-Menüs und kleine Portionen zurücknehmen?
Jein. Auch wenn das Rippli solide im Geschmack war und die Bohnen und Salzkartoffeln solide daherkamen, hinkte das Gericht geschmacklich den ersten drei Gängen deutlich hinterher. Und auch wenn die Pommerysenf-Sauce sehr gut zum Rippli passte, begeisterte sie mich nicht.
Und wenn auch zu diesem Gericht endlich der ersehnte Nachschlag angeboten wurde, schöpfte ich nicht nach. Lieber hätte ich zuvor noch eine Runde Leberli, Burgerli-li oder Speck genommen.
Als Abrundung des Gourmet-Menüs wurden dreierlei Süssigkeiten serviert. Bananenglace, Schokoladenküchlein und Caramell-Panna Cotta. Alle drei solide im Geschmack – ich trauerte jedoch immer noch den Leberli hinterher.
Fazit
Die Hinterburgmühle ist ein sehr schönes Restaurant und auch ihr Weinraum inmitten des Restaurants ist beeindruckend und vielversprechend. In den ersten drei Gängen konnten die Wirtsleute durchaus zeigen, dass die Gault Millau Punkte verdient sind. In der Paradedisziplin der Würste enttäuschten sie jedoch meine Erwartungen.
CHF 70.- für das Menü war okay, kenne ich doch fast doppelt so hohe Preise aus dem Raum Zürich. Dadurch, dass die Speisen, die effektiv satt machten jedoch nicht überzeugten, aber auch nichts Besonderes.
Und als wir anschliessend geschlagene 40 Minuten warten mussten, bis wir zahlen konnten, trug auch nicht gerade zur Verbesserung meiner Stimmung bei.
Heute, einen Tag danach denke ich immer noch mit Freude an das Burgerli-li, die Leberli und den Speck. Die einstündige Fahrt würde ich jedoch nicht nochmals auf mich nehmen.
Metzgete vom 11.02.2017
Restaurant Hinterburgmühle, Neuheim
http://hinterburgmuehle.ch/
Meine Bewertung
Angebot: | 🐷🐷🐷 |
Qualität: | 🐷🐷🐷🐷 |
Service/Atmosphäre: | 🐷🐷🐷 |
Preis/Leistung: | 🐷🐷🐷 |
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