Wir hatten auf diesem Blog schon viele Artikel zu unterschiedlichsten Metzgeten. Und doch gibt es immer wieder etwas zu entdecken. Beispielsweise im mille sens in Bern, das im November zur Wagyu Metzgete lud.
Und so kam es, dass wir uns an einem Mittwochabend in den Zug setzten und nach Bern reisten. Wir waren sehr gespannt, was uns erwarten würde. Wagyu, ein Fleisch das bei uns bisher nicht oft auf dem Speiseplan stand. Und sowieso, eine Rindermetzgete? Etwas ganz neues.
Wagyu-Gräubi-Kürbis Butter
Nach einem sehr freundlichen und bernerisch herzlichen Empfang ging es nur einen kurzen Moment, bis der erste Leckerbissen auf dem Tisch stand. Ein herrlich salziges Wagyu-Gräubi mit Kürbis und schmackhaft-gehaltvollem Sauerteigbrot.
Leider hatte mich nicht nur das Aussehen, sondern auch den Duft so sehr in den Bann gezogen, dass ich komplett vergass, ein Foto zu machen.
Nach diesem ersten, sehr schmackhaften Bissen, erfuhren wir mehr über das heutige Programm.
Vorspeise: Wagyu mal traditionell, mal exotisch
Die Metzgete im mille sens wird als Tavolata serviert. Die Vorspeise besteht dabei aus fünf Speisen, die wahlweise in Schalen, Schüsseln oder auf dem Brettli serviert werden.
Schön hergerichtet standen die Wagyu-Speisen bald darauf vor uns, fast zu schön, um sie zu essen. Und doch war der Duft betörend und überzeugte mich, die kleinen Kunstwerke dem Magen zuzuführen. Aber: Womit beginnen?

Ich entschied mich für die Rohwurst mit Rettich und Barbecue Sauce auf Brioche. Die Wurst alleine war sehr zart, im Geschmack für mich aber etwas konturlos. Dafür wurde sie ja aber als Gesamtspeise serviert und da glänzten Rettich und Barbecue Sauce mit Würze, während die Brioche eine versöhnende Süsse beisteuerte und die Wurst dem zarten, samtigen Touch verlieh. Ein Gedicht!
Schon ganz verzückt wagte ich mich ans Tatar. Hier wurde dem Fleisch viel Raum gegeben, Gewürze wurden zurückhaltend eingesetzt. Was mich im ersten Moment etwas irritierte – ich hatte den herb-würzigen Geschmack des Tatars erwartet – vermochte mich beim zweiten Bissen durchaus zu überzeugen. Es wäre ja schade, ein Wagyu Tatar zu essen, das wie alles andere schmeckt. Und das Fleisch muss sich hier definitiv nicht verstecken. Es wirkt halt einfach etwas sanfter. Die dazu servierte Trüffel-Espuma unterstrich diese Sanftheit zusätzlich.
Danach wendete ich mich der Zunge zu. Ganz anders als das Tatar, fand hier wieder eine Geschmacksexplosion statt. Spannend! Während der grüne Papayasalat für den Biss sorgte, gab die Teriyakisauce den Geschmack und der Ingwer das gewisse Etwas. Die Zunge sorgte dabei als verbindendes Element für den Abschluss. Sehr, sehr fein. Interessanterweise hätte ich mir diesen Happen aber auch vegetarisch vorstellen können.
Weiter machte ich mit der Surf ‘n’ Turf Rice Bowl. Und was soll ich sagen? Nach nur einem Bissen war ich wieder auf Hawaii, steckte die Füsse in den Sand und genoss den frischen Fisch. Unnötig noch extra zu erwähnen, dass die Rice Bowl exzellent war, oder? 😉
Last but not least widmete ich mich der Pastrami mit Kartoffelsalat und Tomatenchutney. Auch hier war das Fleisch wieder enorm zart. Der Kartoffelsalat hätte für meinen Geschmack etwas würziger sein können. Aber dafür war ja das Tomatenchutney da: mein heimlicher Held. Es verlieh dem Gericht die entscheidende Würze, Säure und den richtigen Schuss Pfiff.
Wagyu-Suppe
Nach dieser Geschmacksexplosion brauchte ich erst mal etwas Wasser, um meine Sinne wieder zu beruhigen. Dass der zum Menü servierte Wein ebenfalls exzellent schmeckte, trug nur noch weiter zur Reizung der Sinne bei. Aber im positiven Sinne.
Ob die Suppe hier etwas Abhilfe schaffen würde? Serviert wurde zuerst die Einlage mit Knochenmark, Gemüse und Siedfleisch. Schon alleine dies sah sehr schmackhaft aus. Als dann aber die Kraftbrühe mit Sherry serviert wurde, verabschiedete ich mich vom Gedanken eines neutralisierenden Zwischengangs.
Die Brühe war wunderbar würzig. Das Siedfleisch so zart und schmackhaft, als würde es auf der Zunge zergehen wollen. Eine ganz neue Stufe von Siedfleisch! Und das sage ich als Siedfleisch Fan…
Das Gemüse lieferte zudem den nötigen Biss. Und das Knochenmark hob Zartheit nochmals auf eine andere Stufe.
Auch wenn die Geschmackskomposition weniger komplex als davor war, definitiv ein gelungener Gang.
Die Kunst des Wagyu Hauptgangs
Nach einer kurzen Pause tischte das Team des mille sens unseren Wagyu-Metzgete Hauptgang auf: Brasato Gyoza, Schulterragout, Rauchwürstli, Bratwurst, Blutwurst und Leberwurst. Erneut liebevoll angerichtet auf Tellern, in Schüsseln oder Schalen.
Kleine Warnung: Falls ihr meiner Schwärmerei bereits leid seid: Es wird noch schlimmer…

Ich widmete mich zuerst dem Schulterbraten mit dem Onsen-Ei, Trüffel und Petersilien Heuspuma. Meine liebe Metzgete, wie zart kann ein Schulterbraten sein? Das mille sens Team schaffte es tatsächlich, eine Zartheit zu erreichen, die auch im Altersheim willkommen wäre, ohne jedoch die Struktur des Fleisches zu verlieren. Dazu das perfekt getroffene Onsen-Ei, welches dem würzigen, zarten Braten noch etwas Cremigkeit verlieh.
Bei der Bratwurst mit Rotkraut, Federkohl und Aroniabeerenchutney kam nun die Würzigkeit zum Tragen, welche ich von einer Bratwurst her kenne. Und ich verstand noch mehr, weshalb das mille sens Team bei vielen Speisen dem Fleisch den Raum gegeben hatte. Die Wurst war zwar sehr fein, hätte aber nicht aus Wagyu Fleisch sein müssen. Der Rotkohl und das Chutney ergänzten die Würze sehr fein. Der Federkohl fiel dagegen etwas ab.
Auch beim Rauchwürstli mit Sauerkraut und Marronisenf war der Geschmack sehr lecker, hätte aber nicht unbedingt Wagyu sein müssen. In Kombination mit dem Sauerkraut und insbesondere dem Marronisenf aber ein Genuss!
Und dann der Brasato, serviert als japanische Gyoza Taschen. Aussen leicht kross, innen weich und saftig. Während der Brasato eher für die Struktur sorgte, ergänzten die Kraterellen die Zartheit. Zusammen mit dem Salbeibutter definitiv sehr fein.
Die Leberwurst war sehr zart und auch für Nicht-Liebhaber sehr bekömmlich. Besonders spannend war, dass sie eher trocken serviert wurde – sprich ohne die übliche Cremigkeit. Was der Wurst aber keinerlei Abbruch bescherte. Das Apfelmus und die Randenchutney sorgen dabei für die nötige Säure und Süsse.
Als allerletztes wagte ich mich noch an die Blutwurst mit Calvados Apfel. Die Scheiben der Wurst waren leicht angebraten. Die Konsistenz erinnerte mich ein bisschen an Leber – wie Seide auf der Zunge. Im Geschmack vermochte mich die Wurst nicht ganz zu überzeugen: Hier präferiere ich einfach das würzige Original. Da vermochte mich auch der Calvados-Apfel nicht mehr umzustimmen.
Apfel-Tarte-Tatin
Wer glaubt, damit sei die Sache schon gegessen, hat die Rechnung ohne das Dessert gemacht. Uns wurde eine herrlich blättrige Apfel-Tarte-Tatin mit Fleur de Sel Caramel, Tonk Calvados Glace und Dulce de Leche serviert. Einmal mehr, sehr fein!
Fazit
Mit CHF 110 ohne Getränke gehört die Wagyu Metzgete definitiv zu den teureren Angeboten. Wenn man sich aber mit dem Preis für Wagyu Fleisch beschäftigt, relativiert sich der Preis allemal. Nein, die Wagyu Metzgete im mille sens ist nichts, dass man schnell zwischen zwei Terminen reinschiebt. Wer aber Lust auf ein geschmackliches Experiment hat und in angenehmer Begleitung einen gemütlichen Abend in Bern verbringen will, sollte definitiv die Termine im nächsten Jahr recherchieren.
Datum der Metzgete: 10. November 2021
https://www.millesens.ch/startseite
Angebot: | 🐷🐷🐷 |
Qualität: | 🐷🐷🐷🐷 |
Service/Atmosphäre: | 🐷🐷🐷 |
Preis/Leistung: | 🐷🐷🐷 |
Total Bewertung: | 🐷🐷🐷 |
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